Ringo Starr – Unterschätzt und unerreichbar

Ein Schlagzeuger der mich persönlich am meisten geprägt und beeinflusst hat, ohne die Beatles und Ringo Starr würde ich sicher heute noch Akkordeon spielen und wäre garantiert nie auf die Idee gekommen das Schlagzeug auch nur eines Blickes zu würdigen. War das Schlagzeug meiner Meinung nach doch eher ein notwendiges Übel das generell zu laut gespielt wird und generell spielt auch jeder Schlagzeuger immer den gleichen stumpfen Kram. Das Lied „Strawberry Fields“ hat meine Sichtweise auf das Schlagzeug grundlegend geändert.

Witziger Weise mochte ich Strawberry Fields anfangs überhaupt nicht, ich war auch noch recht jung und hatte mit Musik nur soviel zu tun, wie mein Vater mich mit zum Akkordeon Orchester mitgeschleppt hat. Genau dieses Orchester hat dann zu einem Konzert eben jenes Lied von den Beatles gespielt und ich fand es fürchterlich. Nun trug es sich zu das ich bei dem Konzert mitspielen sollte weil mein Lehrer der Ansicht war das ich musikalisches Talent hätte. Mein Vater war mächtig Stolz das ich schon bei den „Großen“ mitspielen darf und so ein junger Stöpsel will seinen Vater ja nicht enttäuschen. Also kramte ich in der Plattensammlung meines Vaters, fand dort aber nur James Last, Ernst Mosch und seltsame Schlager Sampler. Nach weiteren Recherchen bin ich dann bei meiner großen Schwester fündig geworden. Zwischen zahlreichen U2 und Abba Platten stand genau eine Platte von den Beatles. Magical Mistery Tour! Volltreffer! Zweite Seite zweites Lied. Schnell noch auf die Uhr geschaut, super Schwesterherz kommt erst in einer Stunde. Plattenspieler angeschmissen und die Musik zog mich sofort in Ihren Bann, nach dem Einsatz der Drums saß ich wohl da wie paralysiert und konnte gar nicht fassen dass das Schlagzeug ein Musikinstrument ist das die Musik bereichert, prägt und ihr einen weiteren Sinn gibt anstatt sie nur zu begleiten. Die Beatles hatten Anfang der 80er Jahre einen neuen Fan gewonnen.

Ich bat meine Schwester um eine Aufnahme und Sie machte mir eine Kassettenaufnahme. Diese lief von früh bis spät, ich liebte dieses Tape. Es gab keinen Tag das es nicht mindestens einmal gelaufen ist. 1983 zu meinem zwölften Geburtstag bekam ich dann einen Plattenspieler von meinen Eltern geschenkt. Meine Schwester schenkte mir jene Magical Mystery Tour Platte und mein Bruder hat noch etwas drauf gelegt und mir das Album Revolver geschenkt. Ich konnte es nicht fassen das Ringo Starr jedem der Beatles Songs eine eigene unverwechselbare Schlagzeugstimme verpasst hat. Die Platte Revolver hat in mir den Wunsch entbrennen lassen Schlagzeug zu spielen. Soviel zu meiner Leidenschaft für’s Schlagzeug.

Ringo Starr das unterschätze Genie

Ringo Starr oder auch Richard Starkey ist für mich der meistunterschätzteste Drummer aller Zeiten. Man kann glaube ich gefühlt jeden Schlagzeuger fragen, hinter vorgehaltener Hand sagt sicher jeder der etwas älteren Semesters ist, Ringo Starr war der größte Einfluss. Meist aber erst nachdem Namen wie Keith Moon, Neil Peart oder John Bonham gefallen sind.

Woran liegt das? Ganz einfach, jeder der Zeitgenossen, der über Ringo Starr spricht lobt den Drummer generell über den grünen Klee, aber nicht ohne ihm in einem Nebensatz eine gute Technik abzusprechen.

„Ringo ist ein verdammt guter Schlagzeuger. Er verfügt nicht über die beste Technik, aber ich finde, sein Schlagzeugspiel wird genauso unterschätzt wie das Bassspiel von Paul“

John Lennon

Er verfügte nicht über die beste Technik war die Einschränkung. Zudem gibt es zahlreiche Aussagen das Ringo gerne mal von anderen Schlagzeugern bei Studioaufnahmen ersetzt wurde. Quincy Jones äußerte sich sehr abfällig über die schlagzeugerischen Fähigkeiten von Ringo und behauptete sogar das bei einem Arrangement der Jazz-Schlagzeuger Ronnie Verell die Schlagzeugspur einspielen musste weil Ringo es angeblich nicht hinbekommen hat. Faktisch belegt ist aber dass die erste Single der Beatles, „Love me do“ von Andy White eingespielt wurde weil George Martin mit der Aufnahme von Ringo Starr nicht zufrieden war. Insgesamt existieren jetzt drei unterschiedliche Aufnahmen des Stücks mit verschiedenen Schlagzeugern. Pete Best war zu der Zeit noch Schlagzeuger der Beatles und spielte die erste Version ein, diese wurde 1995 auf der Anthology 1 CD veröffentlicht. Die Version mit Andy White wurde auf der LP „Please Please Me“ veröffentlicht und enthält noch ein Tambourin das von Ringo Starr gespielt wurde. Für die Single Auskopplung wurde dann aber die Aufnahme mit Ringo Starr genutzt, allerdings nur auf den ersten Singles, ab 1963 wurde die Single mit der Version von Andy White gepresst. Erst ab 1980 wurde die Ringo Version für die amerikanischen Ausgabe des Albums „Rarities“ von einer Archiv-Single (später von einer besser erhaltenen Single eines Schallplattensammlers) neu gemastert und verwendet. Die B Seite der Single enthält noch den Titel P.S. I Love You, hier ist ebenfalls Andy White am Schlagzeug zu hören.

Die Versionen von Andy White und Ringo Starr lassen sich durch das Tambourine gut erkennen, die Aufnahme von Ringo Starr enthält das Tamburin nämlich nicht.

Version mit Ringo Starr
Version mit Pete Best

Da stellt sich dann doch die Frage, ist eine gute Technik überhaupt so wichtig? Ich kenne unzählige Schlagzeugschüler die irgendeinem Ziel hinterher rennen. Ganz nach dem Motto: „Ja wenn ich erstmal den Paraparadiddlediddledido in Tempo 320 auf 16tel spielen kann, ja dann starte ich richtig durch.“ Völliger Irrsinn, niemand muss sowas wirklich können, kaum ein Schlagzeuge nutzt diese Techniken in irgendwelchen Songs. Natürlich gibt es technisch hoch versierte Drummer wie Thomas Lang, aber mir ist nicht bekannt das er bei Falco oder Bonnie Tyler irgendwelche irrsinnigen Kabinettstückchen mit seinen Füßen gespielt hat.

Das soll jetzt nicht heißen das man aufhören sollte zu üben. Nein! Beileibe nicht. Übt jeden Tag entwickelt euch weiter und arbeitet an Eurem Schlagzeugspiel. Aber vergesst das Schlagzeug Spielen nicht. Im besten Fall sollte sich das Verhältnis Schlagzeug spielen zu Schlagzeug üben nach wenigen Jahren umkehren. Das hat den Vorteil das man bereits erlernte Sachen nicht in der Übezeit vertiefen muss, da sie ohnehin beim Spielen gefestigt werden. In der Übezeit kann man dann gezielt an seinen Schwächen arbeiten oder neue Techniken erlernen. Üben ist nicht das Ziel. Der Weg ist das Ziel. Besser, ein gutes Gefühl dabei zu haben, und zu wissen, heute habe ich etwas erreicht, das ist das Ziel. Nicht Paradoodles in 430bpm. Aber zurück zu Ringo Starr.

Schlagzeug Stil

Sein Spielstil ist und war geprägt vom Minimalismus. Wenn man sich zum Beispiel mal Yellow Submarine anhört, dann kommt man eventuell auf den Gedanken das hier aber auch wirklich nicht ein Trommelschlag bei ist den man hätte weglassen können. Weniger geht nicht. Andererseits waren seine Fill Ins manchmal sehr ungewöhnlich, nicht nur in der Art und Weise wie er sie gespielt hat, auch die Länge und vor allem der Zeitpunkt macht vielen Schlagzeugern, beim Nachspielen der Beatles Songs, arg zu schaffen. Hier wären die komplexen Fills in A Day in The Life und Strawberry Fields zu nennen. Diese Mischung von Minimalismus und Komplexität ist es die den Sound er Beatles mit geprägt hat und Ringo Starr zu einem unverzichtbaren Puzzleteil werden lässt ohne das die Beatles nicht das wären was sie sind. Eine der einflussreichsten Bands der Welt.

Kompositionen

Ringo Starr ist natürlich das Beatles Mitglied das die wenigsten Songs zum Gesamtwerk beigetragen hat. Guckt man sich aber mal um und schaut was andere Drummer so an Songs schreiben dann kommt da auch nicht so viel bei rum. Die Eigenkompositionen von Ringo Starr beschränken sich auf die Songs „Don’t Pass me by“ und „Octopus’s Garden“. Zu dem war er auch an einigen Titeln kompositorisch beteiligt. Was er da genau zu beigesteuert hat ist unklar.

Weitaus größer war sein Einfluss auf die Stimmung in der Band. Er sorgte immer wieder, oft unfreiwillig, für Lacher. So gehen die Wortschöpfungen „Tomorow never knows“ und „A Hard Days Night“ auf sein Konto. Diese Geschichten sind hinlänglich bekannt und niemand wird bestreiten das in jeder Band neben den meist „Kopfschwangeren“ Bandleadern, jemand sein muss der alles etwas auflockert, für Spaß sorgt und vielleicht auch dann wenn es auf die eigene Kappe geht. So lässt sich abschließend sagen, ohne Ringo keine Beatles, ohne Beatles kein Ringo. Die Beatles wären sicher auch ohne ihn berühmt geworden, aber nicht in der Art und Weise wie sie es mit ihm geworden sind. Aber wer weiß schon wie was ausgegangen wäre wenn! Oder wie Ringo sagen würde. „Well, tomorrow never knows.“

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